Keine Mandatsverlängerung |
20.05.2022 17:50:39
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Rosneft-Aktie mit Abschlägen: Schröder will Aufsichtsrat bei Rosneft verlassen
Der langjährige Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin stand zuletzt unter massivem Druck. Seine Partei und Bundeskanzler Olaf Scholz fordern ihn seit langem auf, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Schröder ist auch für die GAZPROM-Tochtergesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 als führender Lobbyist tätig - beide Erdgasleitungen durch die Ostsee verbinden Russland und Deutschland. Die noch ausstehende Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ist inzwischen von der Bundesregierung auf Eis gelegt.
Auch der Chef der Nord-Stream-2-Betreibergesellschaft, Matthias Warnig, legte seinen Posten bei Rosneft nieder. Schröder war seit 2017 Aufsichtsratsvorsitzender, Warnig ist schon seit 2011 in dem Gremium gewesen und war seit 2014 Vizechef des Aufsichtsrats. Sie hatten beide einen Status als unabhängige Mitglieder. Noch dabei ist die ehemalige Außenministerin Österreichs Karin Kneissl, die Putin 2018 zu ihrer Hochzeit eingeladen und dann mit einem Knicks vor dem Kremlchef für internationales Aufsehen gesorgt hatte.
Schröder für Gazprom-Aufsichtsrat nominiert
Putin hatte Schröder im Februar kurz vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als "anständigen Menschen" gelobt, weil er sich nicht abwende in schwierigen Zeiten. Der Kremlchef unterstützte auch die Nominierung Schröders für den Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Gazprom. Die Arbeit eines solchen "unabhängigen Experten" werde der Zusammenarbeit mit Deutschland nur nutzen, sagte Putin am 15. Februar bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Kreml. Kurz danach begann der Krieg.
Die Gazprom-Hauptversammlung ist für den 30. Juni geplant. In seinem einzigen Interview seit Beginn des Ukraine-Kriegs mit der "New York Times" hatte Schröder offen gelassen, ob er die Nominierung für den Aufsichtsratsposten annehmen wird.
Zurückhaltende Reaktionen von Regierung und SPD
Die Reaktionen von Regierung und SPD in Berlin waren zunächst zurückhaltend. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in einer ersten Reaktion, er nehme die Medienberichte zum Rückzug Schröders bei Rosneft zur Kenntnis. Er verwies darauf, dass Scholz erst am Donnerstagabend Schröder nochmals aufgefordert hatte, von seinen Posten bei russischen Staatsunternehmen zurückzutreten. "Es wäre am allerbesten, Gerhard Schröder würde seine Posten niederlegen", hatte Scholz auf einer Pressekonferenz in den Niederlanden gesagt.
Zuvor hatte der Bundestag Schröder sein Büro und seine Mitarbeiter gestrichen, was Scholz als "folgerichtig" begrüßte. Die vom Europaparlament geforderten EU-Sanktionen lehnte der Kanzler aber ab.
Schröder lässt Streichung von Privilegien rechtlich überprüfen
Dass der Bundestag seine Sanktionen gegen Schröder jetzt wieder zurücknimmt, ist unwahrscheinlich. "Die Entscheidung des Haushaltsausschusses, Altkanzler-Privilegien von Gerhard Schröder zu streichen, ist richtig und gilt weiterhin - auch nach Bekanntgabe, dass er seinen Posten als Aufsichtsratschef bei Rosneft aufgeben wird", sagte SPD-Fraktionsvize Detlef Müller der "Welt".
Schröder lässt die Streichung seiner Altkanzler-Privilegien juristisch überprüfen. Für Personalausgaben in Schröders Büro waren im vergangenen Jahr mehr als 400 000 Euro aus der Staatskasse geflossen. Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz hat der frühere Kanzler dem Bundestags-Beschluss zufolge aber weiterhin.
14 Anträge auf Parteiausschluss Schröders
Auch die SPD-Spitze hatte Schröder schon vor Wochen aufgefordert, seine Posten niederzulegen. Die Parteichefs Lars Klingbeil und Saskia Esken erhielten auf einen entsprechenden Brief aber keine Antwort. Eine Reaktion auf die Entscheidung gab es von den beiden am Freitag auf Anfrage zunächst nicht.
Bei der Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Region Hannover sind inzwischen 14 Anträge auf Parteiausschluss Schröders eingegangen. Am 15. Juni will sie darüber verhandeln. Noch unklar ist, ob Schröder selbst zu der mündlichen Verhandlung erscheinen will.
Union: "Der Schritt kommt viel zu spät"
Für Wirbel hatte unter anderem gesorgt, als Schröder mitten in der Eskalation vor dem russischen Angriff auf das Nachbarland Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als "Säbelrasseln" kritisierte. Auch nach Beginn des Krieges hatte Schröder Putin in Moskau besucht, das Blutvergießen in der Ukraine ging danach weiter.
Aus der Unionsfraktion im Bundestag hieß es, dass Schröder sich hätten früher von Rosneft trennen müssen. "Der Schritt kommt viel zu spät", sagte Andrea Lindholz (CSU), die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion. "Herr Schröder hätte sich sofort nach Kriegsbeginn von Putin und seinem Umfeld lossagen müssen." Er bleibe eine echte Distanzierung von der russischen Führung schuldig. "Es wirkt vielmehr so, als hoffe er, damit seine Amtsausstattung im Bundestag zu behalten und eine Aufnahme auf die EU-Sanktionsliste zu verhindern."
Die an der Moskauer Börse notierte Rosneft-Aktie verliert zeitweise 3,84 Prozent auf 384,25 Rubel.
/mau/DP/ngu
MOSKAU (dpa-AFX)
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